Angela Merkel geht in den Ruhestand

Was tun, wenn das Arbeitsleben endet?  

א (Aleph), Angela Merkel (2008), CC BY-SA 2.5 

Stellen Sie sich folgende Szene vor: Die einst mächtigste Frau der Welt steht morgens vor dem Kleiderschrank. Auf dem Kalender, der 16 Jahre lang von morgens bis abends gut gefüllt war, steht jetzt: nichts. Wofür wird sie sich entscheiden? Für einen der zig-hundert Blazer? Vielleicht doch für einen gemütlichen Pulli? Oder gar eine Jogginghose und Turnschuhe? 

Den Morgen nach einer 16-jährigen Kanzlerschaft kann sich niemand wirklich vorstellen. Auch Angela Merkel hat zum Ende ihrer Amtszeit in Interviews angedeutet, dass sie sich darüber kaum Gedanken gemacht hat. Im vergangenen Sommer sagte sie bei einem Besuch in Washington, dass sie erst einmal darüber nachdenken müsse, „was sie so interessiere“. 

Vorbereitung auf den Ruhestand ist wichtig

Damit ist Angela Merkel nicht alleine. Eine repräsentative Studie aus dem Jahr 2017 zeigt, dass sich nur ein Fünftel der Deutschen aktiv auf den Ruhestand vorbereitet – und das, obwohl Psycholog:innen eine solche Vorbereitung durchaus empfehlen. „Es gilt zu bedenken: Wer seine Identität bisher aus seinem Beruf definiert hat, verliert mit der Pensionierung auch einen Teil seiner eigenen Identität“, sagt der Psychologe Otto L. Quadbeck, der selbst Bankdirektor war und im Ruhestand Psychologie studiert hat. 

Darum lohnt sich das Gedankenspiel, das wir hier am Beispiel Angela Merkels durchspielen wollen, auch für Sie persönlich: Wie stellen Sie sich Ihren ersten „freien“ Morgen vor dem Kleiderschrank vor? Womit wollen Sie Ihre Zeit verbringen? Was interessiert Sie wirklich? Denn eines steht fest: Wenn der Beruf fehlt, kann ein großer Teil der Zeit neu gestaltet werden. 

Aktive Freizeitgestaltung macht gesund 

Blicken wir also noch einmal auf Angela Merkel. Sie könnte sich in Zukunft tatsächlich mit dem befassen, was sie wirklich interessiert. Sie könnte beispielsweise häufiger mal auf einer Fußballtribüne erscheinen oder sich gleich in einen Aufsichtsrat eines Vereins wählen lassen. So hat es Gerhard Schröder gemacht, der rund zwei Jahre lang Aufsichtsratschef von Hannover 96 war. Merkel könnte es natürlich auch wie die Obamas oder Helmut Schmidt machen und diverse Bücher schreiben. Dies jedenfalls empfiehlt der Psychologe Quadbeck: „Vieles Verdrängte wird dabei gewollt oder ungewollt wieder bewusst werden.“ Auf diese Weise könne man Negatives psychologisch verdauen und Positives erneut erleben. 

Die Forschung jedenfalls zeigt, dass eine aktive Freizeitgestaltung im Alter gesund macht. Regelmäßiger Sport stärkt nicht nur das Herz-Kreislauf-System, sondern auch Gehirn und Geist profitieren. Sportarten wie Fahrradfahren beispielsweise, die eine gute Balance und Koordination erfordern, verbessern Aufmerksamkeit und Konzentra­tionsvermögen. Schon ein halbjähriger Tanzkurs kann helfen, die geistige Flexibilität zu verbessern.  

Schauen Sie sich um! 

Darüber hinaus befriedigen soziale Kontakte die Bedürfnisse nach Nähe, Intimität und Austausch. Kulturelle Ereignisse können anregen und Lernen kann bestimmte Fähigkeiten fördern. Beim Klavierspielen beispielsweise können durch tägliche Fingerübungen Aufmerksamkeit, Selbstdisziplin und Motorik geschult werden. 

Falls Sie nicht so genau wissen, welche dieser Möglichkeiten die richtige für Sie ist: Schauen Sie sich einfach mal in Ihrem Umfeld nach Angeboten um und lassen Sie sich inspirieren. Viele Vereine bieten Kurse für „Senior:innen“ oder auch generationsübergreifende Varianten an.  

Immer mehr Menschen arbeiten weiter  

Eine Möglichkeit, die freie Zeit zu gestalten, wäre es auch, nach der Pensionierung weiter zu arbeiten. Laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung machen das immer mehr Menschen: 2006 waren gerade mal knapp 7% der 65- bis 69-Jährigen erwerbstätig – 2019 waren dies schon 18%. 

Angela Merkel jedenfalls hätte hier genügend Vorbilder zur Orientierung. Barack Obama beispielsweise hat nach seinem Auszug aus dem Weißen Haus einen Deal mit Netflix abgeschlossen. Ein erstes Filmprojekt wurde bereits im August 2019 veröffentlicht. Helmut Schmidt wurde 1982 Herausgeber der Wochenzeitung „Die Zeit“. Vorträge ließ er sich grundsätzlich, so sagte er einmal, mit mindestens 15.000 Dollar bezahlen. Für Kritik sorgte 2005 Gerhard Schröder, als er sich nur wenige Monate nach seiner Amtszeit vom russischen Erdgasunternehmen Gazprom anstellen ließ, um für das Pipeline-Unternehmen Nord Stream zu arbeiten. 

Arbeit im Alter kann glücklich machen 

Ein solcher Job unmittelbar nach der Amtszeit wäre für Angela Merkel wohl nicht mehr möglich, denn inzwischen müsste sie sich dies vom Kanzleramt genehmigen lassen. Fest steht indessen, dass auch sie eine Fülle von Angeboten bekommen wird – und am Ende wohl zu der stetig wachsenden Gruppe von Pensionär:innen gehören wird, die weiterhin arbeitet. 

Das Spannende dabei: Viele von ihnen sind einer Untersuchung zufolge nicht nur aus finanzieller Sicht zufriedener als ihre nicht erwerbstätigen Altersgenossen. Sie fühlen sich auch psychisch gestärkt durch das Gefühl, weiterhin „gebraucht“ zu werden. Gerade Menschen, die ihr Netzwerk stark über die Arbeitswelt geknüpft hatten, können auf diesem Wege sozial eingebunden bleiben. Dabei ist eine solche Einbindung, so sagen Forscher:innen, vor allem im Alter wichtig, weil sie Halt und Orientierung gibt.

Ehrenamtliches Engagement erhöht Selbstvertrauen

Wer finanziell nicht unbedingt auf weiteres Einkommen angewiesen ist – dies trifft sicherlich auf Angela Merkel mit Altersbezügen von rund 15.000 Euro zu – könnte sich auch ehrenamtlich engagieren. Dies, so zeigen Studien, schafft Sinn, ermöglicht soziale Interaktion und erhöht das Selbstvertrauen. Bleibt die Frage, welches Ehrenamt das richtige ist. Angebote gibt es viele: Man könnte Kindern vorlesen, durchs Museum führen, Pflegebedürftige besuchen oder auch Sprachkurse für Flüchtlinge anbieten. Auch könnte man sich als ehrenamtliche Führungskraft in viele Teile der Welt vermitteln lassen, wie es beispielsweise der „Senior Expert Service“ anbietet. 

Kurz gesagt:
Möglichkeiten gibt es viele. Trotzdem ist völlig klar, dass nicht jede Aktivität für jeden älterwerdenden Menschen gleich gut ist. Hier den richtigen „Aktivitäten-Mix“ für sich zu finden, ist die große Herausforderung. Genau hier kann das Angebot von AgeForce1 helfen – über den regelmäßigen Newsletter, den kostenlosen Selbsttest oder das in Q1/22 erscheinende Selbst.Coaching.Programm.

Annelen Bergenthum

Freie Journalistin

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