Hintergrundinformationen

Interview von Frank Leyhausen mit Wolfgang Grupp

Wolfgang Grupp, Inhaber und Geschäftsführer des Textilunternehmens Trigema.

Herr Grupp, zu Beginn des Jahres zitiert Sie Focus mit den Worten: „Bei mir kann jeder arbeiten, solange er will“. Wie kam es zu dieser Aussage, ist sie dem Fachkräftemangel geschuldet 

Ja, Fachkräftemangel und auch der Mangel an Arbeitern sind Realität, aber unser Angebot „Jeder kann so lange arbeiten, wie er will“ ist nicht neu. Wir bieten diese Option schon seit über 30 Jahren an.

Wenn ein Mitarbeiter nach 30 oder 40 Jahren Betriebszugehörigkeit sagt, er fühlt sich fit und möchte noch ein Jahr oder länger weitermachen, dann ist das ein Geschenk des Himmels.
Wer so lange bei uns tätig ist, der hat sehr lange Leistung gebracht und kennt den Betrieb wie seine Hosentasche, da gibt es gar keine Diskussion.

Wir freuen uns, wenn er weiter für uns tätig ist. Jahrelange Erfahrung ist unbezahlbar, gerade im handwerklichen Bereich, wo es immer schwieriger wird, gute Mitarbeiter zu finden.  

 

Warum, glauben Sie, bieten nicht mehr Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung an?

Das kann ich nur schwer beurteilen. Wir bei Trigema schätzen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und entwickeln unsere Führungskräfte aus dem Unternehmen heraus.

In den letzten 53 Jahren haben wir, trotz aller Krisen und Herausforderungen, niemanden entlassen, noch hatten wir auch nur eine Stunde Kurzarbeit. Wir haben ein enges, ich möchte sagen, familiäres Verhältnis zu unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und damit geht eine große Wertschätzung für die Leistung und den Einsatz unserer Belegschaft einher, die nicht mit dem Renteneintritt endet.

Ich habe den Eindruck, dass diese Wertschätzung in vielen Unternehmen zu kurz kommt oder ganz fehlt.

 

Wie wird das Angebot im Hause Trigema umgesetzt?

Unser Angebot ist klar kommuniziert und im Hause bekannt. Jeder weiß, dass auch im Rentenalter bei uns weitergearbeitet werden kann.

Menschen, die schon vor dem Rentenbeginn wissen, dass sie gerne weiterarbeiten möchten, äußern ihren Wunsch bereits im Vorfeld, meist ein Jahr vor dem offiziellen Renteneintritt, beim Vorgesetzten. Sie arbeiten dann im Regelfall in ihrer Position mit unveränderter Arbeitszeit weiter so lange sie möchten und das begrüßen wir ausdrücklich.

Anders ist es mit den Damen und Herren, die in den Ruhestand gehen. Bei der Abschiedsfeier sagen wir, wie sehr wir ihre Arbeit schätzen und dass sie, wenn es ihnen langweilig wird, herzlich willkommen sind, wieder bei uns zu arbeiten. Einige von ihnen stellen dann auch nach einer Zeit fest, dass der Ruhestand nicht das Paradies ist, dass sie sich vorgestellt haben. Langeweile kommt auf, da sie keine Aufgabe mehr haben. Viele dieser Menschen arbeiten dann wieder bei uns, jedoch nicht wie vor ihrem Ruhestand, sondern anlassbezogen und nach Vereinbarung.

 

Geht Trigema auf seine Rentnerinnen und Rentner zu oder melden sich die Menschen bei Ihnen?

Beides kommt vor.
In unseren Testgeschäften signalisieren die Verkäuferinnen häufig beim Abschied in den Ruhestand, dass sie gerne stundenweise aushelfen wollen, zum Beispiel als Kranken- oder Urlaubsvertretung. Das freut uns sehr und wir nehmen das Angebot bei Bedarf auch gerne in Anspruch.

Wir gehen aber auch mit konkreten Angeboten auf unsere Ehemaligen zu. Aktuell ist es sehr schwierig LKW-Fahrer einzustellen. Ich habe einen ehemaligen Versandmitarbeiter von uns angesprochen, der auch LKW fahren kann, ob er uns nicht als LKW-Fahrer helfen könne. Seine Antwort: „Herr Grupp, Sie können mich jederzeit anrufen, ich komme gerne“, und jetzt fährt er abgestimmte Touren für uns.  

 

Ältere haben es auch deutlich schwerer einen neuen Job zu finden. Welche Rolle spielt bei Trigema das Alter bei der Neueinstellung?

Wir schauen uns bei jeder Bewerbung den Werdegang und die Qualifikationen an. Alter spielt keine Rolle, wenn diese Daten stimmen, dann stellen wir ein, ob 50 oder 55.. 

 

Kommen wir zurück auf die Beschäftigung von Menschen im Rentenalter: Welche Empfehlung geben Sie Unternehmern, wenn Sie sich mit dem Thema beschäftigen wollen?

Wertschätzung von Leistung und Person sind die Basis für Mitarbeiterbindung. Das Betriebsklima scheint mir aber in vielen Unternehmen anonym, Kontinuität und Vertrauen gehen verloren und damit auch die Bindung der Arbeitnehmer an das Unternehmen. Ob die Menschen dort noch im Rentenalter weiterarbeiten wollen, ist doch eher unwahrscheinlich. 

 

Herr Grupp, wir danken Ihnen für Ihre Zeit und die Einblicke.

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